In diesem Artikel stehen ESG, ESRS und CSRD im Rampenlicht. Viel wird darüber geschrieben. Und trotzdem erreichen uns viele Fragen von besorgten Kunden. Brauchen wir ein ESG Reporting? Ab wann? Kann man das mit Power BI machen? Wir bringen Licht ins Dunkel und erklären, was Sie als Führungskraft eines KMUs wissen müssen: Was bedeutet ESG, ESRS und CSRD? Wer braucht es, und warum?
Was ist ESG?
ESG steht für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). ESG ist keine Regulierung. ESG ist ein Thema, oder ein Überbegriff, der ganz allgemein für nachhaltiges Wirtschaften steht.
Die Abkürzung ESG ist seit einigen Jahren in der Vermögensverwaltung geläufig. Einige Finanzprodukte versuchen nämlich, sich mit dem Kürzel ESG von der Konkurrenz abzuheben: Sie investieren nur in Firmen, die nachhaltig und sozial sind.
Aber wie definiert man Nachhaltigkeit und Soziale Unternehmensführung? Genau hier kommt ESRS ins Spiel.
Was ist ESRS?
ESRS steht für European Sustainability Reporting Standard. Es handelt sich um einen Standard, der genau festlegt, wie man die Nachhaltigkeit eines Unternehmens ausrechnet. Die ESRS-Standards werden von der EFRAG (einer EU-nahen Institution) definiert und immer noch weiter entwickelt. Die EU hat die ESRS Standards im Rahmen der CSRD (siehe unten) per Juni 2023 gutgeheissen.
Allerdings sind bis jetzt nur die ESRS Standards für grosse EU-Unternehmen verabschiedet worden. Für KMUs und nicht-EU Firmen wird ein erleichtertes ESG-Reporting ausreichen. Dieses ist allerdings - Stand 2023 - noch nicht genau definiert.
CSRD bitte was?
CSRD steht für Corporate Sustainability Reporting Directive. Dabei handelt es sich um die EU-Direktive die vorschreibt, wie Unternehmen Aspekte der Nachhaltigkeit rapportieren müssen.
NFRD vs CSRD
NFRD steht für Non-Financial Reporting Directive. Es ist eine EU-Direktive, die es schon vor der CSRD gegeben hat. Sie schreibt für grosse Unternehmen vor, wie ein Unternehmen nicht-finanzielle Aspekte rapportieren müssen. Nachhaltigkeit ist ein Teil dieser nicht-finanziellen Aspekte, aber eben nur ein Teil. NFRD ist also umfassender als CSRD, gilt aber nur für grosse Unternehmen.
Die CSRD hingegen gilt nicht nur für grosse Unternehmen, wie wir später sehen werden. Aber der Umfang der CSRD ist kleiner, da sie nur die Nachhaltigkeit eines Unternehmens betrifft.
ISSB, GRI
Neben ESRS existieren weltweit weitere ESG-Standards. Die wichtigsten davon sind ISSB und GRI. Beide sind internationale Standards, die über die EU hinausgehen. Die EU bemüht sich darum, dass die Standards zusammengeführt werden, damit internationale Konzerne konsistent und konsolidiert berichten können. Für diesen Beitrag vergessen wir aber ISSB und GRI sogleich wieder. Schliesslich haben wir schon so genügend Abkürzungen.
Überblick
Zusammengefasst ist es also so:
- ESG ist das Thema
- ESRS sind die Reporting Standards, welche die
- EFRAG - eine EU Institution - ausgearbeitet hat
- CSRD ist das Gesetz das vorschreibt, welche Unternehmen nach ESRS berichten müssen
Oder noch einfacher: Die CSRD schreibt vor, dass EU-Unternehmen ihr ESG-Reporting nach dem ESRS Standard machen müssen.
Welche Unternehmen müssen gemäss CSRD Nachhaltigkeits-Berichte erstellen?
Die CSRD schreibt vor, dass folgende Unternehmen einen ESG-Bericht gemäss ESRS erstellen müssen:
- ab 2024:
- börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern
- Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern
- ab 2026: KMUs die am Kapitalmarkt aktiv sind und mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
- Bilanzwert von mehr als 20 Millionen EUR
- Umsatz von mehr als 40 Millionen EUR
- Mehr als 250 Mitarbeiter
- ab 2028: börsennotierte Unternehmen, die ihren Hauptsitz nicht in der EU haben und mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen:
- Umsatz über 150 Millionen EUR
- eine Tochtergesellschaft in der EU, die mindestens 40 Millionen EUR Umsatz generiert
Was gilt für KMUs?
Als Geschäftsführer eines KMUs fragen Sie sich bestimmt: Bin ich von der ESRS betroffen? Und wenn ja: ab wann?
Hier die zusammengefasste Antwort:
- KMUs sind nur betroffen, wenn sie börsennotiert sind, oder wenn sie sonst am Kapitalmarkt aktiv sind, also wenn sie z.B. gehandelte Anleihen (Obligationen) ausgeben.
- KMUs haben eine zweijährige Opt-Out-Periode. Nehmen Sie diese wahr, so müssen Sie also erst ab 2028 nach ESRS berichten.
- die ESRS Standards für KMUs werden weniger anspruchsvoll sein als diejenigen von grossen Unternehmen. Dieses vereinfachte Reporting ist allerdings noch nicht genau definiert. Es wird gegenwärtig von der EFRAG ausgearbeitet
Freiwilliges ESRS-Reporting für KMUs
Neben den vereinfachten KMU-Standards arbeitet die EFRAG an einem noch simpleren Standard für nicht berichtpflichtige KMUs. Dieser freiwillige Standard wird einfach zu erfüllen sein.
Aber wieso in aller Welt sollte ich freiwillig Aufwand betreiben und mich einer Regulierung unterwerfen?
Nun, ein ESG-Report kann Ihrem Unternehmen ein Label für besonders nachhaltiges Wirtschaften verpassen. Dies kann ein grosser Vorteil sein.
Zum Beispiel stärkt eine ausgewiesene Nachhaltigkeit Ihr Employer Branding. Umweltbewusste Mitarbeiter können sich mit ihrem Unternehmen identifizieren. Ihr Unternehmen sticht bei guten Kandidaten als nachhaltig heraus.
Auch ihre Geschäftskunden werden sich bei Ihnen bedanken. Diese müssen nämlich die Nachhaltigkeit der eingekauften Waren ebenfalls berichten. Für Ihre Kunden aus dem B2B-Bereich ist es also von Vorteil, seine Waren und Dienstleistungen bei einem KMU einzukaufen, welches nachhaltig wirtschaftet.
Und schliesslich ist es auch ein Vorteil ganz allgemein für Ihren Brand: Ein Unternehmen, das sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreibt wird als positiver empfunden als eine Drecksschleuder.
ESRS unter der Lupe
Aber welche Reports und KPIs beinhaltet der ESRS Standard?
ESRS definiert Berichte aus vier Gruppen:
- Allgemein
- Umwelt (Environment)
- Soziales (Social)
- Unternehmensführung (Governance)
Die vier Gruppen werden in insgesamt 12 Bereiche unterteilt:
Gruppe | Bereich | Thema |
---|---|---|
Allgemein | 1 | Allgemeine Anforderung |
Allgemein | 2 | Allgemeine Berichtspflichten |
Umwelt | E1 | Klima |
Umwelt | E2 | Verschmutzung |
Umwelt | E3 | Wasser |
Umwelt | E4 | Biodiversität |
Umwelt | E5 | Ressourcenverbrauch |
Sozial | S1 | Eigene Mitarbeiter |
Sozial | S2 | Arbeiter in der Wertschöpfungskette |
Sozial | S3 | Betroffene Gemeinschaften |
Sozial | S4 | Konsumenten und Verbraucher |
Unternehmensführung | G1 | Unternehmensführung |
Wir sehen also: Beim ESRS geht es nicht nur um den CO2-Ausstoss (E1), sondern um viele weitere Themen.
Trotzdem ist E1 der bekannteste Bereich as ESRS. Deshalb wollen wir uns im Folgenden diesen bekanntesten aller ESG-Bereiche etwas genauer unter die Lupe nehmen.
E1 - Klima
Jeder der 12 Bereiche im ESRS wird nochmals unterteilt. Der Bereich E1 (Klima) z.B. wird in neun Direktiven (DR) aus den Kategorien Strategie und Metriken unterteilt.
Die Direktiven für den Bereich E1 sind:
- Strategische Direktiven
- DR E1-1 Übergangsplan
- DR E1-2 Strategien
- DR E1-3 Messgrössen
- Metriken
- DR E1-4 Ziele und Eindämmungsmassnahmen
- DR E1-5 Energieverbrauch und Energiemix
- DR E1-6 Ausstoss von Treibhausgasen
- DR E1-7 Kompensationen (Zertifikate)
- DR E1-8 CO2-Bepreisung (Carbon-Pricing)
- DR E1-9 Finanzielle Effekte
DR E1-6: Treibhausgase
Gehen wir noch tiefer, und schauen uns die Direktive DR E1-6, Treibhausgase, einmal genauer an.
Wir befinden uns also hier:
ESRS -> Umwelt -> E1 (Klima) -> E1-6 (Treibhausgase).
Wie muss man gemäss ESRS berichten, wieviel CO2 ein Unternehmen ausgestossen hat?
Gemäss DR E1-6 wird der Ausstoss von Treibhausgasen in drei Scopes (Bereiche) aufgeteilt:
- Scope 1: direkte Produktionsemissionen (z.B. Dieselgenerator)
- Scope 2: indirekte Produktionsemissionen durch eingekaufte Energieträger (z.B. Elektrizität)
- Scope 3: Indirekte nicht-Produktionsemissionen
- Upstream:
- eingekaufte Dienstleistungen und Güter
- Mitarbeiter Arbeitsweg
- Geschäftsreisen
- Abfall
- Downstream:
- Nutzung der verkauften Güter
- Recycling und Entsorgung der verkauften Güter
- Distribution
- Upstream:
Diese Scopes überschneiden sich nicht. Für ein bestimmtes Unternehmen ist eine Emission entweder in Scope 1, 2, oder 3.
Scope 1 fliesst oft als “graue Energie” in Konsumgüter.
Dashboard
Und hier kommt es nun, unser “Dashboard des Monats”: Für Power BI gibt es nämlich von Microsoft ein kostenlos verfügbares Dashboard, welches die Emissionen berechnet, die durch die Verwendung Ihres Unternemens durch M365 entstehen.
Folgendes Dashboard mit Beispieldaten erklärt den Report und die darunterliegende Berechnung:
Zur Erinnerung: wir befinden uns jetzt in einer winzigen Ecke des ESRS Reportings Ihres Unternehmens. Nämlich in
ESRS -> Umwelt -> E1 (Klima) -> E1-6 (Treibhausgase) -> Emissionen von M365
Es handelt sich also nicht um einen kompletten ESRS Report. Sondern es handelt sich nur um den Ausstoss, welcher durch die Verwendung der Microsoft Cloud durch Ihr Unternehmen verursacht wird.
Falls Sie Zugang zu Power BI haben, können Sie die Power BI-Template kostenlos installieren und sich die Daten Ihres eigenen Unternehmens anzeigen lassen.
Dazu gehen Sie folgendermassen vor:
- gehen Sie auf https://app.powerbi.com
- loggen Sie sich ein
- clicken Sie auf Apps
- Suchen Sie nach “Emissions Impact Dashboard for Microsoft 365”
- “Get It Now”
Nach einigen Stunden sehen Sie die Emissionsdaten, die Ihr Unternehmen mit Microsoft 365 verursacht. Toll, nicht?
Wie aufwändig ist die Umsetzung von ESRS?
Es ist also nicht sehr aufwändig, für einzelne Bereiche den CO2-Ausstoss zu berechnen. Aber: Den ESRS Standard in seiner Gesamtheit umzusetzen, das ist eine andere Sache. Stellen Sie sich vor, Sie müssen die Daten des obigen Dashboards von einer Vielzahl Geschäftsbereiche und Aktivitäten erheben, und dann konsolidiert zusammentragen. Das ist viel Arbeit!
ESRS ist also ein grosser Standard. Sowohl die Beschaffung von Daten, die Berechnung der Metriken, als auch die Erstellung der Reports ist aufwändig. Es bleibt abzuwarten, wie hoch dann die Anforderungen für KMUs sein werden.
ESG Software
Aufgrund der Komplexität von ESRS macht es Stand heute keinen Sinn, ein ESG-Reporting von Grund auf in Excel aufzubauen.
Auf der anderen Seite gibt es eine Vielzahl an spezialisierten Tools. Diese fordern vom Nutzer die notwendigen Daten automatisch ein. Sie führen die Mitarbeiter also Schritt für Schritt zu den notwendigen Reports.
BARC, ein deutsches Analystenhaus für Unternehmenssoftware mit Fokus auf die Bereiche Data und Business Intelligence (BI), hat eine kostenlose Übersicht zusammengestellt: https://barc.de/research/esg-reporting-tools (Registrierung erforderlich).
ESG Reporting in Power BI
Microsoft hält mehrere Lösungen im Bereich ESG bereit für Unternehmen:
- Microsoft Cloud for Sustainability: https://www.microsoft.com/de-de/sustainability/cloud . Hier handelt es sich um ein Portal, welches den Zugang zu verschiedenen ESG-Lösungen von Microsoft auflistet.
- CSRD Vorlage in Purview: Purview ist die Data Governance Lösung von Microsoft. Die CSRD-Vorlage ist denn auch kein ESRS-Reporting, sondern erlaubt eine CSRD-konforme Bereitstellung, Nachverfolgung und Veröffentlichung von Daten.
- Project ESG Lake (Preview): Hier handelt es sich um eine Lösung, welche sich auf die Datenbereitstellung fokussiert. Diese ist im Moment in einer geschlossenen Preview.
Dabei wirkt die Sammlung etwas handgestrickt.
Ein komplettes ESRS Reporting in Power BI aufzuziehen scheint uns ebenfalls sehr aufwändig.
Tip: Was soll ich tun?
Was soll ich, als Unternehmer, also tun? Ignorieren? Aussitzen? Delegieren?
Hier unsere Tipps:
- Wenn Sie gemäss CSRD ein ESRS-Reporting machen müssen, dann sollten Sie sich von einem Spezialisten beraten lassen.
- Wenn Sie ein KMU sind und (vorerst) nicht berichten müssen, dann halten Sie sich am besten auf dem Laufenden. Wenn eine Berichtspflicht beschlossen wird, werden Sie genug Zeit haben, um die Anforderungen umzusetzen.
- Wenn Sie schon vorher die Nachhaltigkeit Ihres Unternehmens messen möchten, dann melden Sie sich bei uns. Vielleicht haben wir eine Idee, wie wir z.B. die Treibhausgasemissionen ohne grossen Datenaufwand schätzen können.